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Kapelle Sankt Agatha
Fisibach - ein Kleinod aus dem 17. Jahrhundert
Die Kapelle in ihrem heutigen Erscheinungsbild wird sich bereits Gottfried Keller dargeboten haben. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert, wenngleich schon seit dem 12. Jahrhundert und auch im 16. Jahrhundert eine Kapelle in Fisibach urkundlich bekannt ist.
Die Kapelle (vor 1953) und in ihrem heutigen Erscheinungsbild (2020).
Es ist möglich, dass sich die Kapelle zu Gottfried Kellers Zeiten noch in ihrer ursprünglichen Ausmalung des 17. Jahrhunderts befunden haben kann. Heute deuten die lebensgrossen Fresken im Chorbereich, die die Heiligen Christophorus, Joseph, Franziskus und Sebastian zeigen, wie auch die Ornamentfragmente im Kapellenschiff darauf hin, dass die Fisibacher Kapelle durchaus reich ausgestattet war.
Die heute sichtbaren Wandmalereien wurden im Zuge einer Renovation des Innenraums im Jahr 1961 aufgefunden und freigelegt.
Neben den Malereien auf den Wänden beherbergt die Kapelle weitere Kunstwerke, die auf ihre Geschichte und ihre Bedeutung in der Gemeinde hinweisen.
Betritt man die Kapelle, erinnert die im Boden eingelassene Grabplatte an den Richter und Geschworenen zu Fisibach, Johann Zimmermann. Die Steinplatte gedenkt seiner Hinrichtung um die Weihnachtstage im Jahr 1799 durch die französischen Truppen. Tritt man nun ein und durchschreitet die Kapelle, so erblickt man rechts und links in den Fenstern Namen und Wappen bedeutender Fisibacher Familien, die sich in den Glasmalereien im Kapellenraum verewigt haben.
Empore
Den Chorbogen, der den Kapellenraum vom etwas höher gelegenen Chor trennt, flankieren zwei grosse weibliche Holzskulpturen. Dabei handelt es sich um die Patronin der Kapelle, die heilige Agatha, erkennbar an ihrem Attribut, einer Schale mit den im Martyrium abgeschnittenen Brüsten. Zu ihrer Linken steht die Heilige Verena, deren Heiligengrab im nahe gelegenen Bad Zurzach verehrt wird. Beide Skulpturen wurden gemäss Kurt Adler-Sacher in der Werkstatt des Kaiserstuhler Bildhauers Johann Friedrich Buol (1636–1700) geschaffen.
Holzskulpturen der Heiligen Verena und der heiligen Agatha, geschaffen 2. Hälft e 17. JH aus der Werkstatt des Kaiserstuhler Barockbildhauers Johann Friedrich Buol.
Der Chorraum wird schliesslich vom Altar eingenommen. Hier werden Malerei und Bildhauerkunst miteinander verschmolzen: Das barocke Altarbild zeigt die thronende Gottesmutter Maria, die von der heiligen Margarete (der Drachen, ihr Heiligensymbol, sitzt ihr zu Füssen), und abermals von Agatha flankiert wird. Oben im Giebel ist die Marienkrönung im Himmel dargestellt. Dieser Akt durch die Dreifaltigkeit weist Marias Rang als «Himmelskönigin» und als wichtigste christliche Fürsprecherin aus. Gleichzeitig wird durch die zweifache Darstellung Agatha als Patronin der Kapelle in den Bildern der Kapelle besonders hervorgehoben. Da ein Teil der originalen Ausstattung nicht mehr erhalten ist, ist es denkbar, dass Agatha noch öfter im Kapellenraum zu sehen war und sich auf kleinstem Raum viele himmlische Fürsprecher für die Bitten und Sorgen der täglich Eintretenden erboten.
Joseph mit Jesuskind: 1961 wiederentdeckt und freigelegt auf der zweitjüngsten (ca 1630) von acht Verputz- und Tünche-Schichten, 1992 restauriert.
Die heilige Agatha gilt im deutschsprachigen Raum als Schutzpatronin der Feuerwehr und als Fürsprecherin verschiedenster Nöte. Ursprungsort ihrer bereits seit dem 5./6. Jahrhundert bekannten Verehrung ist dabei jedoch nicht der Hochrhein, sondern Sizilien. In frühchristlicher Zeit als Tochter einer wohlhabenden Familie geboren, versuchte ihrer Legende zufolge der damalige Statthalter Quintinianus, sie zu verführen. Da Agatha sich jedoch diesem Drängen aus ihrer Gottesliebe heraus verweigerte, erlitt sie ihr tödliches Martyrium, bei dem ihr unter anderem die Brüste abgetrennt wurden. Nach ihrem Tod schützte ihr Schleier, der in Catania aufbewahrt wurde, die Bürger vor einem tödlichen Lavastrom bei Ausbruch des Ätna. Vor allem in der Zeit des Barock im 17./18. Jahrhundert wurde ihr Kult auch nördlich der Alpen stark vorangetrieben, wovon die Weihe vieler Kirchen und Kapellen, wie auch hier, Zeugnis ablegen.
In den 1990er Jahren wurde die Kapelle, die oft unter Schäden durch Feuchtigkeit litt, umfassend restauriert. Heute steht die Agathakapelle allen Interessierten von 9 bis 17 Uhr offen.
Text 2020
Beate Boeckem
Quellen:
Kurt Adler-Sacher, Projekt «Aargauer Kapellen» Zum Abschluss des Jubiläumsjahres «125 Jahre Römisch-Katholische Landeskirche des Kantons Aargau: 1886–2011».
C. Huser, Bericht Restaurierungsarbeiten 1996-1998; Foto-Ordner der Renovation
Heiri Bucher (Hg.), Fisibach. Ein Dorf und seine Geschichte, 1995.
Adolf Reinle, 1978, Zum Werk des Kaiserstuhler Barockbildhauers Johann Friedrich Buol
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